Es gibt eigentlich nur zwei Dinge, die seit meiner Kindheit nachweislich einen Schaden hinterlassen haben. Mathe und Zahnärzte. Um beides kam ich langfristig nie herum. Der Leidensweg in punkto Zahnärzte war aber doppelt so lang, als der von Schulunterricht. Irgendwann rechnet man einfach, aber Zahnärzte gehen irgendwie nie weg!
So begab es sich, dass ich mit den Milchzähnen, die einfach nicht ausfallen wollten, nun doch mal eine echte Zahnärztin besuchen musste. Bisher waren die Schuluntersuchungen lustige Veranstaltungen mit Karius und Baktus, kleinen Pillen, die alle Zähne rot machen, Blendi, der leckeren Zahncreme und Gratiszahnbürsten. Aber nun kam der Tag, der mich für alle Zeiten traumatisieren sollte. Die Zahnärztin, deren Name ich an dieser Stelle lieber nicht erwähnen sollte, hatte Empathie und Taktgefühl wie ein Blechtopf. Die Milchzähne mussten bei mir gezogen werden, da diese auf Teufel komm raus nicht selber zur Zahnfee fliegen wollten. Auch "Bindfäden-Türzuschlags-Taktiken" meiner Brüder funktionierten leider auch nicht wirklich gut. Einer der bleibenden Zähne hatte ein Loch und musste sogar gefüllt werden. Ich bekam angeblich eine lustige Kinderbetäubung und sollte etwas doch weh tun, könne ich ja die Hand haben, sie würde dann sofort absetzen. Sie bohrte und bohrte, meine Hand flog nach oben und ich hatte wirklich Schmerzen. Die äußerst freundliche Zahnärztin sagte zu mir, ich soll mich nicht so anstellen, setzte ein bisschen einer Betäubung für Erwachsene nach und fuhr in meinem Mund weiter fort. Meine Hand flog wieder nach oben und die Dame fragte doch allen Ernstes, ob ich mir den Schmerz ausdenken würde. "Äh, nein!" Ich war Star der Notaufnahme und habe schon viel Schlimmeres überstanden, aber das, ja das hatte ich noch nicht erlebt. Sie spritzte munter nach als wolle sie einen ausgewachsenen Bullen umhauen und bohrte auch weiter. Ich hob die Hand, weil ich wirklich noch was spürte. Die nette Helferin sagte: "Vielleicht wirkt die Betäubung bei dem Kind nicht!" Ach, echt??? Die Zahnärztin hatte es sich aber nun doch zur Aufgabe gemacht, das Projekt voll durchzuziehen und ich wurde mit insgesamt drei Erwachsenen festgehalten. Was soll ich euch sagen, bisher habe ich noch niemanden gebissen, aber der Tag war da! Ich biss ihr so fest ich konnte auf die Finger und dies fand sie jetzt auch total doof von mir. Sie hielt mich für nicht gut erzogen und bat meine Mutter, mich doch auch noch festzuhalten. Die weigerte sich aber schlichtweg und sah die Verzweiflung und die Tränen in meinen Augen. Irgendwann unter Tränen, Schweiß und Schmerzen war es vorbei und zwar für immer. Alle Zahnärzte waren ab dem Tag für mich Sadisten, das Vertrauen je zerstört und leider hatte ich in meiner Auswahl auch nie durchgehend Glück. Wenn ich heute eine Zahnarztpraxis betrete, dann wird mir immer noch schlecht und schiebe panische Angst. Eine Klopftherapie hat auch nichts gebracht und auch keine Gespräche mit Therapeuten. Das Trauma sitzt zu tief und das Grundvertrauen gegenüber dieser Berufsgruppe ist immer gleich Null. So gut, kann ich nämlich heute Dinge schon zusammen zählen.
Seit langer Zeit bin ich in "festen Händen" und der lange gemeinsame Weg der Dramen, kritischen Fragen, Ängsten, Ohnmachten und Streitgesprächen liegt hinter uns. Ich sage mal, wir haben eine Basis gefunden, mit der mein Zahnarzt seine Arbeit verrichten kann und ich komme immer wieder, sogar freiwillig, aus Angst, es könnte wirklich etwas Schlimmeres mal sein.
Danke, an eine Ärztin, die es echt versaut hat und Danke, an diejenigen, die mich ernst nehmen, egal mit wie viel Chaos in ich die Praxis einfalle! Eure Geduld ist unermüdlich. Merci!
Eure Kitty
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